Eulen
in Mythologie und Volksglauben
Die Eule löst bei uns Faszination und gleichzeitig Angst aus. Sie wurde verehrt oder gefürchtet, bewundert oder verfolgt. Sie ist Sinnbild für Gut und Böse. Die Eule stellt sich daher in Mythos, Volksglauben und Symbolik aller Völker und über alle Zeitepochen in vielen widersprüchlichen und abergläubischen Bildern dar.
Eulen unterscheiden sich von anderen Vögeln durch die starr nach vorne gerichteten Augen.Da sie außerdem die Augenlider - wie wir Menschen - von oben nach unten über den Augapfel ziehen können, erscheint uns ihr Gesicht sehr menschlich. Die Eule fasziniert uns daher sehr. Da sie uns ähnlich ist, schreiben wir ihr einen Teil unserer eigenen Intelligenz und damit Weisheit zu. Die Eule wird daher häufig als Symbol der Weisheit mit Doktorhut und Talar oder auch auf Büchern sitzend dargestellt. Viele Schulen, Universitäten, Bibliotheken, Buchhandlungen und Buchverlage haben die Eule als Emblem gewählt. Auch die Redensart "klug wie eine Eule" hat hier ihren Ursprung.
Beschreibungen der Eule finden wir bereits bei Aristoteles, die erste wissenschaftliche Abhandlung bei Plinius. In Griechenland war die Eule gut angesehen und galt als Weisheitsvogel, ausgewählt von der Göttin Athene, der Beschützerin Athens und Göttin der Weisheit. Auf den griechischen Münzen war auf der Vorderseite der Kopf der Athene abgebildet. Als Wappenvogel zierte der Steinkauz mit Ölzweig und Mond die Rückseite der Tetradrachmen. Die Münzen wurde daher auch kurz "Eulen" genannt. Da Athen sehr reich war und eine Vielzahl dieser "Eulen" dort vorhanden war, heißt auch heute noch "Eulen nach Athen tragen" etwas Unsinniges tun. Die Eule war auch Beschützerin und begleitete Heere in den Krieg. Daneben symbolisierte die Eule in Griechenland auch Wissenschaft und Besonnenheit.
Infolge ihrer nächtlichen Lebensweise bekommen wir Eulen selten zu Gesicht. Wir hören jedoch ihre Schreie in der Nacht, die sich in der Dunkelheit zum Teil recht unheimlich und beängstigend anhören. Auch der geräuschlose Flug trägt dazu bei, unsere Angst vor dem im Dunkel der Nacht nicht Greifbaren zu schüren. Hier kommt die Urangst des Menschen vor der Nacht zum Tragen, da ihm die in der Dunkelheit jagenden Raubtiere gefährlich werden konnten. Diese Urangst wird in Mythologie und Volksglauben aller Kulturen deutlich. Eulen galten oft als Dämonen oder Unglücksboten.
In fast allen abendländischen Kulturen wurde die Eule als Verkünderin des nahenden Todes gesehen. So wurde z.B. der nächtliche "kuwitt"-Ruf des Steinkauzes als "Komm mit" interpretiert. Von den Angehörigen eines Sterbenden wurde der durch das Licht angelockte Nachtvogel als Totenvogel gesehen, der kam, um die Seele des Toten zu holen. In vielen Naturreligionen - wie bei den Indianern Nordamerikas, den Jägern Japans, in Teilen Afrikas und Arabiens, in Australien und im alten China - dagegen wurde die Eule positiv als Mittlerin zwischen den Welten mit der Seelenwanderung in Zusammenhang gebracht.
Im Mittelalter wurde die Eule häufig mit Hexen und Zauberern in Verbindung gebracht. Das lateinische Wort Strix war im Mittelalter gleichbedeutend mit Hexe. Eulen wurden als Teufelstiere mit Zauberkräften angesehen. Bis in die griechische Antike zurück reicht ein grausamer Brauch, der sich noch bis vor wenigen Jahrzehnten auch bei uns hielt. Zum Schutz des Viehs sowie von Haus und Hof wurden Eulen noch lebend mit ausgebreiteten Flügeln an die Scheunentore genagelt. Dies sollte vor Blitzschlag,Feuersbrunst und Hagel schützen.
Indische, japanische und indianische Kulturen brachten die Eule in Verbindung mit der Erschaffung der Welt. Im Volksglauben anderer Kulturen war sie verantwortlich für Glück und Unglück verschiedener Art, wurde auch mit Wetterumschwüngen, Geburten und Tod in Verbindung gebracht.
Auch gebraten oder gekocht wurden Eulen und dienten so als Bestandteil diverser Zaubertränke oder zur Herstellung von Heilmitteln. Als Medizin wurde ihnen Linderung verschiedener Beschwerden, vor allem eine Stärkung der Sehkraft zugeschrieben. Euleneier dagegen sollten zur Heilung von Trunksucht führen.
In westlichen Kulturen spielt die Eule auch heute noch in Traumdeutung eine Rolle. Erscheint eine Eule im Traum, wird sie als Überbringerin von Botschaften aus dem Unterbewusstsein oder von Verstorbenen gedeutet. Sie steht für Weisheit und ein höheres Bewusstsein. In der Esoterik hat sie eine Bedeutung als Krafttier. Auch hier steht sie für Klugheit und Weisheit, für Loslösung, Wechsel und nächtliche Visionen. Sie soll den Schleier der Seele lüften und hilft, die Kraft des Unterbewusstseins zu erkennen. Ihr Zeichen ist das Heilige Buch der Weisheit.
Im Indianerhoroskop findet sich die Eule als Tierkreiszeichen für die Zeit vom 23.11. und 21.12. In der Kultur der Indianer ist die Eule die Zauberin der Nacht. Sie steht für Weisheit und Kraft. Eule-Menschen sind sehr wissbergierig, ehrgeizig und gerechtigkeitsliebend. Wo immer etwas unklar ist, versuchen sie für sich und andere, Licht ins Dunkel zu bringen. In der Liebe sucht die Eule Nähe, braucht jedoch auch ihre Freiheit. Gerne hilft sie anderen Menschen und vernachlässigt dabei auch mal die eigene Gesundheit.
Auch beim Kartenlegen, einem Teilbereich der Wahrsagung, spielt die Eule auch heutzutage noch eine Rolle. In den Lenormandkarten, die neben dem Tarot die beliebtesten Karten zur Weissagung mittels Kartenlegen sind, sind auf der Karte mit der Bezeichnung „Vögel“ 2 Eulen auf einem Baum abgebildet. Diese Karte entspricht der Karo Sieben im Skatblatt und steht in ihrer Grundbedeutung für Alltagssorgen und Aufregung. Aber wie auch ein Vogel nur kurz an einer Stelle sitzen bleibt, verändert sich die Situationen schnell wieder. Der Orakelspruch dazu lautet: „Oft währt ein Gedanke nur einen Flügelschlag lang.“ Im Lenormand-Kartendeck Weiße Eule ist jede Karte auf der Rückseite mit einer Eule verziert.